Donnerstag, 16. August 2018

Die Düsseldorfer Totengräber kultureller Gleichberechtigung.


Was passiert, wenn Künstler tatsächlich Verantwortung übernehmen…?


Immobilieneigner Piet Neiser und Kulturdezernent 
Hans-Georg Lohe als Totengräber kultureller 

Gleichberechtigung in Düsseldorf.

















Politisches Gemauschel...

… verschobene Amts-Verantwortung, Hardcore-Kapitalismus und versteckte städtische Geldmittel: 
so geht ein langjähriges, gemeinnütziges Interventions- und Kultur-Projekt in Düsseldorf vor die Hunde.


Der Kunstverein Jason Rø e.V. und mit ihm die geförderten Outsider-Künstler und alle weiteren zugehörigen Kunst-, Musik, Literatur und Teilhabeprojekte, haben sich nach über drei Jahren, wegen der vor Ort herrschenden, beinahe kriminell zu nennenden Verdrängungsmethoden, aus dem 400 qm großen Gerresheimer Bahnhof zurückgezogen. Ein weiterer Grund war die Angst vor der Unberechenbarkeit der beiden ehemaligen Partner und der daraus für alle mitarbeitenden Künstler entstehenden Rechtsunsicherheit.
Das alles ungeachtet der bis heute laufenden Verträge und finanzieller Garantien, die seit Dezember 2017 jedoch von den beiden Vertragspartnern nicht mehr eingehalten werden und die damit den Kunstverein bewußt finanziell demontiert haben. Die abgesprochene Unterstützung von Kunst und Kultur „auf die ganz lange Bank zu schieben“ ist damit als eine funktionierende Kernmethode kommerzieller Grabenkämpfe in unserer Wirtschaft ausgemacht.

Unerträgliches politisches Gemauschel, versteckte städtische Gelder, offenbare Kumpaneien auf Dezernentenebene, in die Augen der Öffentlichkeit gestreute falsche Behauptungen, Denunziationen über die Presse und unsolidarische Machtschiebereien der Gerresheimer Heimat- und Kulturkreise - das sind einige der eher unschönen Zusammenhänge – neben den unzähligen tollen Projekten, Ausstellungen und Angeboten des Vereins  – 
die aus der künstlerischen Recherche der letzten Jahre im sogenannten Kulturbahnhof in Düsseldorf-Gerresheim notiert werden können.

Der Kunstverein hat den übersichtlichen Hauptvertrag, der u.a. die sensiblen Kulturangebote des Kunstvereins schützen sollte, für alle nachvollziehbar 
öffentlich gemacht.  Man sieht jedoch wohl nur was man sehen will.

Es gibt offenbar ein deutliches Zuviel an finanziellem und politischem Eigen-Interesse mit und in dem denkmalgeschützten Spekulationsobjekt des Gerresheimer-Bahnhofs,
um die gesellschaftlich nachhaltigen Ideen und Fragen zu Kunst und Solidarität zu unterstützen. 

Die Totengräber der kulturellen Gleichberechtigung in Düsseldorf:

wenn es um die finanziellen Verschachtelungen zwischen Stadt, Kultur und Immobilienwirtschaft geht, sind die Interessengruppen um den Bahnhofseigner Piet Neiser offenbar ohne Skrupel bereit künstlerische Existenzen zu vernichten, geistig behinderte Künstler zu verdrängen, langjährig aufgebaute einzigartige, Kulturprogramme und ganze Kunstvereine mit fadenscheinigen Behauptungen und Schuldzuweisungen zugrunde zu richten. 
Man entledigt sich derzeit jener, mittlerweile unbequemen oder kritischen künstlerischen Kräfte, die ursprünglich für den professionellen Aufbau und die Finanzierung des Ortes verantwortlich waren. Wer auf sein vertragliches Recht hinweist, wie es der Kunstverein getan hat, dem wird Zerrüttung der Situation vorgeworfen. Sie glauben es nicht? So einfach scheint es zu sein.

Kulturelle Recherche und echte künstlerische Verantwortung sind deutlich unerwünscht.

Das sogar fixe Garantien und Verträge zu nachgewiesener kultureller Leistung in Düsseldorf mittlerweile mit frei-erfundenen Unterstellungen ausgehebelt werden können, darauf war der Kunstverein Jason Rø e.V. augenscheinlich tatsächlich nicht vorbereitet. Vom Düsseldorfer Kulturdezernenten Hans Georg Lohe wurde das dreieinhalb Jahre gelaufene Kunst- und Stadtteilförderprojekt mit einem, vom Kunstverein und edem verantwortlichen Künstler erwirtschafteten Volumen von etwa einer Viertelmillion EUR, per Brief einfach zu einem Privatproblem des Künstlers / Vereins erklärt. 

Ganz aktuell: Manipulationen der Akten fürs Gericht

Soeben wurden Manipulationen vom Anwalt des Kunstvereins in einer Neuvorlage des Kündigungsschreibens für das Gericht entdeckt. 

Offenbar hat der Eigentümer des Bahnhofs, Herr Piet Neiser, handschriftlich nachträgliche Manipulation am bis heute unwirksamen Kündigungsschreiben vorgenommen.

Dies sind die neuesten, immer deutlich unsauber wirkenden Mittel, die „gezinkten Karten“ vor der anstehenden Gerichtsverhandlung im Oktober 2018.

Solche Methoden lassen für die Zukunft nichts Gutes vermuten.

Ob der gemeinnützige Kunstverein Jason Rø e.V. der geballten finanziellen Kraft eines Architekturbüros und einer Catering-GmbH solange standhalten kann, bleibt ohnehin offen.

Die Vorgehensweise im Allgemeinen und auch das Herstellen eines immer größeren Chaos hat Methode und verdeutlicht anschaulich was geschieht, wenn Künstler oder Kunstvereine tatsächlich versuchen, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, z.B. um der fortschreitende Spaltung der Gesellschaft etwas entgegenzusetzen. Dann gibt es plötzlich offen die Frage nach einer nützlichen und einer störenden Kunst.

So geht also Verantwortung in Düsseldorf, Herr Lohe?
Chapeau ...


Text © Carsten Reinhold Schulz 
8.2018, Künstler, Düsseldorf

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www.jason-ro.de
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Donnerstag, 4. Januar 2018

Münchhausen GmbH verdrängt Kunstverein für geistig behinderte Künstler

Kampf um den Kulturbahnhof Gerresheim.
Es geht um 180.000,– EUR Kulturgelder und geplante 1 Mio. Umsatz in den nächsten fünf Jahren. 

Die Düsseldorfer Catering GmbH Münchhausen versucht mit zweifelhaften Methoden einen Kunstverein für geistig behinderte Menschen und kultureller Gleichberechtigung aus der finanzträchtigen Immobilie des Gerresheimer Bahnhof/Kulturbahnhof zu verdrängen. Die Münchhausen GmbH unter Leitung des Geschäftsführers Ahrens schreckt dabei nun auch vor öffentlichen Diffamierungen nicht zurück. Sind auch die Stadt, die Düsseldorfer Jonges und der Förderkreis für Industriekultur FKI für die Situation mitverantwortlich?

Seit vielen Monaten tobt im Gerresheimer Bahnhof ein Verdrängungskampf. Die vom Kunstverein Anfang 2017, nach zwei Jahren Aufbauleistung eigentlich als Catering-Partner ins vertragliche Boot geholte Firma Münchhausen GmbH, versucht jetzt offen, den gemeinnützigen Kunstverein für geistig behinderte Künstler und soziale Gleichberechtigung mit allen Mitteln aus dem Bahnhof zu drängen.

Der in der RP lancierte und mit Falschaussagen gespickte Artikel des Caterers vom letzten Wochenende, machte das nun öffentlich deutlich. Die Rheinische Post entschuldigte sich bereits für den persönlich diffamierenden und ungeprüft abgedruckten Artikel.
Bisher hat der Verein versucht nichts von der Situation nach Außen dringen zu lassen, um den bisher tadellosen Ruf des Bahnhofs zu schützen. Jetzt ist der kleine Kunstverein gezwungen, sich ebenfalls öffentlich zu wehren. 

Es ist höchste Zeit in Düsseldorf soziale Kunst und Kultur gegenüber rein kommerziellen Interessen zu schützen. 

Wer helfen will ist willkommen.




Dienstag, 5. Juli 2016

Kunst und Kirche - allein der Glaube fehlt



Kunst und Kirche – allein der Glaube fehlt.
Bei der Beurteilung von Kunst und Religion ist es ein wenig wie mit dem Urknall.
Oft genug vergisst man die Beurteilung der eigenen Position, der eigenen Begehrlichkeiten oder die Grenzen seiner Vorstellungskraft.

 Kirche und Kunst haben ähnliche Probleme, aber nicht die gleichen  Ziele.
Im „Theologisches Feuilleton“ genannten Blog  der evangelischen Kirche, mit dem Namen „feinschwarz.net“, wurde eine zu verstärkende Verbindung von Kunst und Kirche angedacht (Artikel vom 18. Juni 2016).
Dies ist mehr als diskussionswürdig.
Der Düsseldorfer Galerist Rupert Pfab macht den ihm, offenbar von Kirchenseite aufgetragenen Versuch, das derzeit eigentlich prima funktionierende System von Kunst und Kirche, nun aus der Händlerperspektive, theoretisch weiter zu unterfüttern – und gerät dabei in die Quadratur des Kreises.
Er hält religiöse Intentionen in seiner Listung nicht für notwendig, will am Ende seines Textes jedoch gleichzeitig die Kunst als das potentiell sinnvolle Vehikel für mehr Kirchennähe in der Gesellschaft erkennen.

Gläubige bewegen
Dass bei den Zusammentragungen des Galeristen, Religiosität keine Rolle mehr spielen soll, ist, wenn nicht gar auf merkwürdige Weise reaktionär, dann zumindest aus Sicht der verbliebenen Gläubigen bedenklich. Möglicherweise ist sie der fatalen, aber im Text auftauchenden Vorstellung, von Kirche und Kirchenraum als einem experimentellen Labor geschuldet. Mit dem Begriff der Kirche als einem Labor hat ein sehr spezieller, mittlerweile akademisierter Jargon aus den Off-Räumen des letzten Jahrhundertwechsels Einzug in die Welt der Kirche erhalten.
Es ist keine Neuigkeit, dass die Institution Kirche, bei der Kunstförderung der Vergangenheit als Auftraggeberin und Sinnstifterin nicht wegzudenken ist und es stets viele weitere historische Verbindungen zwischen Kunst und Kirche gegeben hat.
In der Gegenwart jedoch ist diese Situation nicht nur verzichtbar, sie ist in vielen heute anzutreffenden Formen langfristig schädlich – für Kirche und Gesellschaft.

Extremismus, Kunst und Kirche
Die zu beobachtenden, aus westlicher Perspektive sympathisch bis utopisch gedachten, jedoch diffusen Vorstellungen zur gesellschaftlichen Rolle von Künstlern, Kunst und christlicher Kirche, sind im Umkehrschluss elementare Gründe für den fatalen, weltweit zu beobachtenden Zulauf junger Menschen zu extremistischen, ultra-reaktionären und rassistischen Ideenpools.
Unser gesellschaftlicher Umgang mit Kunst und Kultur und unser panisches Festhalten an damit verbundene, veraltete bis unsolidarische Vorstellungen sind Grund und Abbild einer absurden und unnötigen Marginalisierung der Idee von Europa. Ein hausgemachtes Chaos. Nutzungsabsichten. Verwechslungen.

Kirchlicher  Strukturwandel
Kunst nun als Vehikel für neue strukturelle Veränderungsabsichten und inhaltliche Aufladungen in der Kirche sehen zu wollen,  ist daher eine erkennbare Kapitulation vor den gesellschaftlichen Herausforderungen und wird schon in den kommenden Jahren nicht mehr als eine besonders kreative Eigenschaft moderner Kirchenführung anzuführen sein.
Auch an künstlerischem Output orientierte Interessengruppen und durchaus verdienstvolle Persönlichkeiten innerhalb kirchlicher Vorstände können leider dafür sorgen, dass keine ausreichende Beschäftigung der Kirche mit den weiterhin sehnlich vermissten Formen und Foren der Religionsausübung in westlich orientierten Gesellschaften stattfindet. Stattdessen soll die Verbindung von Kunst und Kirche einzig einen kulturell offenen Zustand, ein „heutig“ zu nennendes, kurzfristig erreichbares Wunschklima erzeugen. Die Begriffswolke der Diakonie-Homepage in Düsseldorf hat als auffälligsten Eintrag „Kunst und Kirche“- nicht das Gebet. Das ersehnte Versprechen auf menschliche Dialoge und den verstärkten Zugang zu den kulturell interessierten Kreisen der großen bürgerlichen Mitte scheint also nah. Aber was will man Ihnen eigentlich sagen, wenn man seine eigene Sprache verloren gibt? Geht es einfach um Ersatz für die Gruppe der langsam aussterbenden, noch hauptsächlich religiös motivierten Kirchgänger?

Spiritualität im Austausch.
Kunst wird als Wiedergutmachung für verlorene Verinnerlichung, Religiosität und in Ermangelung echter Spiritualität gesellschaftlich längst angenommen. Das zeigen die seit Jahren immer exklusiver werden Museumsbauten, das zeigen die langen Menschenschlangen vor den Ausstellungen, der, in Popstar-Manier gehandelten, toten oder lebenden Künstlerschaft. Die Menschen suchen ganz offenkundig nach Inhalten und Vorbildern. Was macht die Kirche aus dieser Situation?
Wenn es keine liturgische oder personelle Entsprechung dafür mehr gibt, gibt es dann vielleicht eine formgebende, authentische Vereinfachung, die ausschließlich der Idee des Glaubens entspringt?
Aber warum gefällt unseren Kirchen eine, sie selbst inhaltlich immer unklarer machende, Anpassung so sehr, dass sie sich an weltliche Systeme anzubiedern versuchen? Wo sind die mutigen Denker in der Kirche und wo können ihre Überzeugungen in der Gesellschaft ihren Niederschlag finden?

Eine fatale Schicksalsgemeinschaft
Kunst und Kirche erscheinen oberflächlich gesehen wie für einander geschaffen – beide jedoch unterliegen auf ihrem jetzigen Weg ähnlichen Auflösungs- und Drifterscheinungen, über die der Kunstmarkt, zumindest in Punkto Kunst, aufwändig hinwegtäuscht. Gleichzeitig macht er, durch die markanten Verschiebungen der finanziellen Proportionen auf Problematisches aufmerksam.
Die meisten Künstler unterliegen zudem dem Irrglauben, innerhalb eines, von christlichem, wie auch von jedem anderen dogmatischen oder steuerndem gesellschaftlichen Regelwerk befreiten gesellschaftlichen Zusammenhang zu agieren.
Die Kirchen hingegen sind in der Glaubensvermittlung nicht nur mit dem Dilemma einer rein wissenschaftlichen Weltanschauung konfrontiert, sondern, aufgrund der inneren Logik kapitalistischer Wertesysteme und der darauf folgenden sozialen Orientierungslosigkeit, zusätzlich mit der Auslöschung des ehedem heiligen Systems der Familie.

Was ist eine Kirche ohne Glauben an sich selbst?
Eine Kirche, die ihre ureigenen Inhalte, den eigenen Glauben, nicht mehr glaubhaft transportieren kann, ohne auf andere, gesellschaftlich relevanter wirkende Faktoren, wie z.B. den der Kunst zu verweisen, hat sich möglicherweise tatsächlich überlebt und reduziert sich auf die, stetige Umsätze generierende Funktion eines Anbieters sozialer Trägerschaften und die Reste historisch zu nennender Gefühlsebenen.
Ich empfinde das in gewisser Weise als Verlust für kommende Generationen.

FehlendeTransparenz
Beide – Kunst und Kirche –  schieben überfällige Entscheidungen und wichtige, offen auszutragende gesellschaftliche Diskussionen vor sich her. Nur im Vergleich mit den exzessiven Ausuferungen des Islam kann sich die christliche Kirche als eine dem Leben mehr zugewandte Gruppe fühlen.
Aber geht es darum?
Die überfällige Trennung von Staat und Kirche ist aktueller denn je. Die Übernahme sozialer Trägerschaften durch die Gesellschaft selbst, also Aufgabengebiete, die heute in vielen Fällen noch von christlichen Kirchen und angeschlossenen Wertegruppen übernommen werden, stehen ebenso an, wie die Auflösung ominös gebliebener kirchlicher Verwaltungsapparate und Hierarchien. Der Papst selbst, Oberhaupt der Katholiken, so man seine Autorität akzeptieren möchte, weist darauf mit unzweideutigen Aussagen zu einem Leben der Einfachheit hin. Aber hier erscheint ein ganz neues skurriles Thema ...

Was kann die Kunst?
Im Bereich der Kunst wäre es heutigen Künstler möglich, mutig dem Status Quo endlich ins Auge zu sehen und die behindernden Vorstellungen der letzten Jahrhunderte über Bord zu werfen. Ein übermächtiger, das mediale Bild von Kunst bestimmender, von schwerreichen Interessengruppen und Luxus-Konsortien dominierter, manipulativer Kunstmarkt könnte im Interesse aller Menschen und der Kunst längst beseitigt sein. Definitionsbestimmungen finden jedoch weiterhin nur in intellektuellen Diskurskreisen statt und Kunst ästhetisiert weiterhin die gesellschaftlich aufgeworfenen Gräben.

Künstler sind in der Mehrheit feige und opportunistisch?
Es dominiert eine hilflose Anbiederung der übergroßen Anzahl von Künstlern an jeden aufflackernden Markt. Angst und Prekariat tun ein Übriges. Kirchenräume sind nur ein Teil dieser Erscheinung, die sich Kunstpraxis nennt. In Ihrer geschichtlich aufgeladenen Bestimmung sind sie bestens zur Erhöhung künstlerischer Zusammenhänge nutzbar und in einer Künstler-Vita durch den Geruch der Kirchenräume nach Sensibilität und Kontemplationsfähigkeit positiv auffällig.

Was nun, was tun?
Es wäre jetzt die Zeit, die Rolle und die Funktion des Künstlers und der Kunst, fort von einem staatstragenden und neokolonialistischen Standpunkt, neu zu interpretieren.
Künstler können durch mehr Selbstkritik wieder zu einer freien und unabhängigen Position finden.
Sie sind in der Lage zu einer weniger opportunistischen, mehr experimentellen Ausgangslage zu finden.
Sie könnten sich zudem grundsätzlich mehr in Frage stellen.
Kunst sollte den Begriff der Teilhabe und den der Solidarität in Zukunft in sich tragen.
Dies ermöglicht neue Definitionen der Schönheit.
Kunst sollte, vor allem, frei bleiben.
Es scheint also, es gibt genug zu tun ...
Die Verbindung von Kirche und Kunst ist eine zuweilen schöne, aber mittlerweile unheilige Allianz.
Gott schütze uns ...


Zum Autor: Carsten Reinhold Schulz ist 53, Künstler und Musiker. Er betreibt derzeit einen denkmalgeschützten Bahnhof als solidarisches Kulturprojekt im Selbstversuch und leitet einen gemeinnützigen Verein für Experiment und Teilhabe als eine Form künstlerischer Intervention.
Seit 1989 beschäftigt er sich mit der Rolle und Funktion von Künstlern und ihren gesellschaftlichen Verantwortlichkeiten in Kunst-Projekten und Publikationen.

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Samstag, 6. Februar 2016

Gerhard Richter-Letzte Ausfahrt Birkenau.

 


Der Künstler Gerhard Richter hat über viele Jahre geschickt den künstlerischen Konsens erfolgreich und einigermaßen unangreifbar bespielt. Er gilt im Markt und bei vielen Menschen als einer der größten bildenden Künstler überhaupt – als Argument dafür gelten mittlerweile sogar die Preise im Kunst-Markt ... Wer, wenn nicht er, wäre geeigneter ein Bildwerk anzugehen, daß mit dem markanten Titel „Birkenau“, nicht nur die ekelhafteste Phase deutscher Politik in Erinnerung ruft, sondern in erster Linie die Massenvernichtung der Juden und vieler anderer Menschen durch den ideologischen Rassen- und Größenwahn des Nationalsozialisten Adolf Hitler. Alleine der letzte Satz macht das Problem deutlich, das Künstler heute haben, wagen Sie sich mit ihren Arbeiten an Sujets oder Titel die eine gesellschaftliche Relevanz epochaler Größe und Leiden ausstrahlen.

Gerhard Richter musste scheitern.
Das wußte jeder, warum nicht er? Malerei kann derzeit keine Bearbeitung eines solchen Themas leisten. Es sei denn, es reicht dem Maler ein Werk als dünner, medialer Hinweis auf die unerhörten Empfindungen und ein nicht zu entschuldigendes Verbrechen jenseits aller Menschlichkeit. Das malerische Werk also als „link“ zum Thema? Hat er seine Kunst schon immer so eingeschätzt? Wenn nicht, warum jetzt?
Denn, ein link ist in diesem Kontext eindeutig zu wenig – solches kann auch eine Fernsehsendung, eine dokumentarische Fotografie, ein Interview oder alles andere leisten.
Warum also Malerei und warum Gerhard Richter?

Ersteinmal natürlich, weil er es kann. Und, weil er für ein solches Unterfangen die nötige Medienwirksamkeit zu erlangen in der Lage ist, ein Umstand der zumindest eine notwendige Kontroverse vortäuschen kann. Kein halbwegs sensibler Künstler möchte nur aufgrund seines Status einfach durchgewunken werden, wenn er sich an große Themen wagt. Die strategisch ausgerichtete Experimentierfreude kann man Richter sicherlich auch in diesem Punkt nicht vorwerfen.

Letztendlich ist die versuchte künstlerische Verarbeitung des Themas Birkenau eine eher schlichte Fortsetzung aller auch bisher durchgesetzten Arbeit Richters, die sich zwischen den Polen handwerklicher Größe und Selbstbespiegelung der Gesellschaft bewegte. Eine eigene Position des Künstlers wird von jeher vielleicht vermisst, dies ist jedoch gewollt – Bedingung einer unangreifbaren ästhetischen Erfahrung für die einen, marktfähiger Taschenspielertrick für die anderen.

Bei der Bearbeitung der Birkenau genannten Arbeit(en) wird deutlich, dass diesem Zeitgeschehen, bestenfalls ansatzweise, durch eine eigene, persönliche, emotionale Position beizukommen ist. Dem könnte man folgen. Niemals folgt man jedoch einem konsenstragenden malerischen Duktus oder einer vermeintlich der Sonnenfarben beraubten Palette (RP).

Birkenau wird Waterloo

Birkenau wird für Gerhard Richter ein vorläufiger Endpunkt sein, vielleicht ein Waterloo, wenn man so will. Er legt mit diesem Bild, vermutlich unbewußt, seine gesamte Methodik offen und scheitert damit an der schieren Größe des Themas gegenüber seinen, aller Wechselhaftigkeit zum Trotz, linearen Möglichkeiten.

Verantwortlichkeit.
Er scheitert auch an etwas, das jeder Kunststudent ab dem ersten Semester heutzutage ahnt: die Rolle des Künstlers hat sich längst verschoben, die Verortung des bisherigen Künstlerbildes ist obsolet geworden, Verantwortlichkeit ist nicht mehr in bisherigen Werkbegriffen oder Arbeitsprozessen zu finden.

Der künstlerische Weg Richters führte bisher über viele geschichtliche und aktuelle Themen, die er mittels geschickter ästhetischer Zuordnung in eine eher scheinbare, aber letztlich nutzbare künstlerische Relevanz übertrug.

An etlichen Reaktionen, z.B. auf das von ihm gestaltete Fenster im Kölner Dom, wurde die Klippe der, warum auch immer, innovationsbehafteten „reinen Ästhetik“ bereits spürbar.
Bei Birkenau wird die Bildfindung jetzt allerdings offensichtlich grotesk illustrativ und die Erklärungsversuche des Feuilleton unangenehm dünn.

Sammler wie Frieder Burda
u.v.a. und der mit der bisherigen Arbeit Gerhard Richters erreichte marktorientierte Konsens bewahren jedoch vor berechtigter Kritik und notwendiger Selbstkritik. So verhindert ein reaktionär-konservatives Business jedes Einsehen, das uns alle in die Lage versetzen könnte, bald wieder zu Kunstformen zu gelangen, die über mehr selbstverständliche gesellschaftliche Relevanz und Kraft verfügen.







#gerhardrichter #birkenau #daszweitefeld #derkünstleralskritiker #carstenreinholdschulz
#friederburda #museum #





Mittwoch, 10. Juni 2015

Ein Düsseldorfer Diskurs? RP, Stadt, Kultur und die Künstler.


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Offener Brief an die Stadt und die RP Düsseldorf



Von:

Düsseldorfer Räume für Kunst, Experiment und Teilhabe im Kulturbahnhof-Gerresheim.

www.kulturbahnhof-gerresheim.de, 0211.20 974 364



„Kunst findet statt – nicht umgekehrt.“

Die begonnene und von der RP begleitete Diskussion über Entwicklungsmöglichkeiten der Kultur ist sicher gut für Düsseldorf.
Das Auftreten etlicher Akteure impliziert jedoch die Einbindung vieler Künstler und kulturell engagierter Gruppen an den Entscheidungsfindungsprozessen. Dies könnte sich jedoch, gerade im Hinblick auf die Beteiligung bisher vernachlässigter Gesellschaftsgruppen, möglicherweise als eine fatale Fehleinschätzung herausstellen.



Auf der scheinbar offenen Bühne des Düsseldorfer Gedankenaustauschs sind tatsächlich relativ wenige Künstler und neue Vertreter der in dieser Stadt glücklicherweise so vielfältig agierenden Kunstgruppen und Projekte zu sehen.
Es wundert daher, dass erneut diejenigen Aktionisten für vermehrte finanzielle Förderung von Kunst plädieren, die auch vor dem Machtwechsel im Düsseldorfer Rathaus bereits mit vielfältigem Elan für die Umsetzung ihrer Pläne Sorge trugen.



Ist hier wirklich eine offene Diskussion zu Kultur und Teilhabe aktiviert worden oder
entsteht nur eine neue Verschlüsselung für konzentrierte Formen des kulturellen Lobbyismus in Düsseldorf?



Wieso eigentlich spricht die Düsseldorfer Künstlerschaft nicht erst einmal miteinander, sondern stellt sich gleich der Politik zur „Entwicklung der Kultur“ zur Verfügung?
Im besten Fall: gut gemeint ist nicht immer auch zu Ende gedacht.


Neue und konkrete Orte nicht nur für gedanklichen Austausch gibt es dabei längst:



Der denkmalgeschützte Gerresheimer Bahnhof steht z.B. als Forum für Kunst, Experiment und Teilhabe seit Monaten mit über 350 qm und angeschlossener Gastronomie für regelmäßige Diskussionen zwischen Kultur, Politik und Wirtschaft kostenfrei zur Verfügung.



Gedacht als künstlerische Intervention und gemeinnützige Initiative, ist dort jederzeit ein offenes Forum möglich, das Aktionen, Gespräche und Projekte auch der Düsseldorfer Künstlerschaft erwartet.
Warum taucht ein solches Projekt nicht in der Diskussion auf?
Vielleicht weil neuere Modelle als die der permanenten Kunst-Förderung nicht diskutabel sind?

Projekte sind offenbar schon da, Foren längst vorhanden.
Sie werden jedoch nicht genutzt, nicht gefordert, als solche nicht besprochen, obwohl diese freie Initiative in einem kulturell als vernachlässigt einzustufenden Stadtteil des Bezirks 7 liegt.

Ist Offenheit und Sach-Kompetenz im Büro des Bürgermeisters noch deutlich zu spüren, agieren
jene der Kultur angeschlossenen Ämter mit missverständlicher und oft zerstörerischer Langsamkeit.
Auch ein Gespräch darüber muss ohne Angst vor Ausgrenzung geführt werden können.


Einige Fragen bleiben zurück:

Was sind die tatsächlichen Ziele der neuen Diskussionskultur?
Warum wird nicht mit allen Künstlern und Kulturschaffenden gesprochen?

Warum sind bei dem oft zu Gehör gebrachten Begriff der „gesellschaftlichen Teilhabe“ so viele Künstler gar nicht mit im Boot?

Warum wird nicht über ganz neue Modelle der Förderung nachgedacht, die nicht zu einer zusätzlichen Belastung des Finanzhaushalts führen?

Führt eine gezielte Unterstützung von einzelnen Kunstsparten nicht weg von gesellschaftlicher Teilhabe und hin zu einer spezialisierten Klientelförderung? Waren wir nicht schon weiter?



i.A. Carsten Reinhold Schulz, Kurator Kulturbahnhof-Gerresheim, Düsseldorf, 09.06.2015